Das ist sie also, die Neue von Milo und seinen Pop-Punk-Veteranen. In elegantem schwarz kommt sie daher und gibt uns gleich einen kleinen Einblick was der Frontsänger der Band in den dann doch 12 Jahren seit „Cool to Be You“, dem letzten Album der Band, so alles getrieben hat. Unterrichten! Ja richtig gehört, der studierte Biochemiker, mit dem Nebenjob die Punkwelt zu revolutionieren, ließ in den letzten Jahren wieder die Schulbank drücken und räumte dabei mit Sicherheit ein, zwei Preise zum „Coolsten Lehrer des Jahres“ ab. Wer seine Stimme aber lieber inmitten von durchschnittlich 2-minütigen Punk-Hymnen, anstelle kühler Lehrsäle hört, ist mit Hypercaffium Spazzinate schon mal auf dem besten Weg.
Die 16 Tracks kommen so selbstironisch und ehrlich daher wie eh und je, außerdem hämmern Bill Stevenson’s Drums jedem, der dachte ein Gehirntumor könnte ihm etwas anhaben, das Gegenteil ein. Der erste Track „Feel This“ schlägt sofort, so wie es Comic-Milos Koffeincocktail auf dem Cover nicht besser könnte, im Nervensystem ein und lässt keine Fragen offen. Dass man auch über das Altwerden lachen kann, wenn man selbst mittendrin steckt, zeigt der nicht ganz einminütige Song mit dem Namen „No Fat Burger.
Während „Shameless Halo“, „Fighting Myself“ und „Spineless and Scarlet Red“ ihre durchaus vorhandenen melodischen Wurzel vertreten, stellen „We go Defeat“ und „Victim of Me“, sowie der erwähnte Opener „Feel This“ die Sektion: „Aus dem Punk Lehrbuch“. Stephen Egerton macht hierbei wie immer so ziemlich das Beste, was man aus 3 bis 5 Akkorden machen kann und Karl Alvarez’s Bass prügelt dann letztlich alles ins Ziel. Dass Texte schreiben nicht immer nur Sängersache sein sollte beweisen „Smile“ und „Comeback Kid“, in denen uns Bill Stevenson zu seinem Kampf gegen den Tumor mitnimmt. Der wundervoll sozialkritische Song „Limiter“ gibt der Scheibe, gemeinsam mit „Human Being“, auch noch einen revolutionären Anstrich.
Mit Hypercaffium Spezzinate gelingt den Descendents nach über 10 Jahren der nahtlose Übergang an frühere Alben, wenngleich auch die jugendliche Frustration und Wut, die ihre älteren Platten geprägt haben, weitestgehend Erfahrung und Weitsicht gewichen sind. Nichtsdestotrotz eines der besten Punk-Alben der 2010er Jahre von einer Band, die musikalisch Generationen geprägt hat und ohne die auch viele vielleicht bekanntere Bands heute nicht so klingen würden, wie sie klingen. Hoffentlich sehen wir Herrn Auckerman noch als auf einer Hollywoodschaukel sitzender Rentner auf dem Cover.
Klaus ist freischaffender Redakteur für Musikalisch24.de. Klaus ist professioneller Musiker und verdient sich etwas Nebenbei als Texter für die Musikbranche. Er schreibt regelmäßig Artikel für Musikportale, -Magazine und Blogs.